Prolog – Ich bin schlecht drauf!

Wir haben Anfang April, der Winter wechselt zum Frühling aber so richtig warm ist es immer noch nicht. Außerdem regnet es in einer Tour. Regen, Kälte und dazu noch eine Erkältung leisten ihren Beitrag, dass ich mich mies fühle. Das Interessante dabei ist: Es fällt mir zunächst noch nicht einmal auf! Erst die Reaktion meiner Frau lenkt den Fokus meiner Aufmerksamkeit darauf, dass ich die Welt da draußen in mein Inneres gekippt habe und meine Stimmung eher dunkel und regnerisch ist. Ich bin ein Miesepeter! Nun ist es ja schön, dass ich gerade feststelle, dass ich ein Miesepeter bin, aber wie komme ich aus dieser Stimmung wieder heraus?

Man braucht nicht auf die Erkenntnisse des Wirksamkeitsforschers Gerhard Roth zurückgreifen um zu wissen, dass reines Grübeln nicht hilft. Um aus einer mentalen Sackgasse herauszukommen darf man kreativ sein. Stephen Gilligan, ein weltweit angesehener Hypnotherapeut, ist der Meinung, dass Kreativität ein Gespräch ist, zwischen der bewussten Wirklichkeit und einer kreativen unbewussten Quantenwelt. Um dieses Gespräch zu führen brauche ich als wichtige Eigenschaft oder Fähigkeit ein „beobachtendes Selbst“. Weiter führt er aus, dass ich meine bewusste Wirklichkeit, also mein rationales und logisches Bewusstsein, mit Hilfe von Wahrnehmungsfiltern selber erschaffe. Solche Filter speisen sich aus verschiedenen Quellen. Es gibt biologische, kulturelle, familiäre, soziale, persönliche und viele weitere Filter, die Einfluss auf die Gestaltung meiner persönlichen Wirklichkeit haben. Die meisten dieser Filter kann man auch „Überzeugung“ nennen. Nur wenn ich bereit bin, meine Filter zu verändern, kann ich Einfluss auf die Gestaltung meiner Wirklichkeit nehmen, kann ich Kreativität leben und lernen.

Aha, denke ich mir da so, meine Realität ist: Ich bin schlecht drauf! Meine Frau mosert an mir herum. Das möchte ich nicht, da ich mit ihr schon gerne in Harmonie leben möchte. Also habe ich ein Interesse daran, meine Wahrnehmungsfilter mit Hilfe eines „kreativen Unbewussten“ anzupassen. Nun brauche ich also drei Dinge: Mich selbst, wie ich schlecht drauf bin (1. Position), jemanden, der kreativ ist und mich als Miesepeter mit seiner Kreativität erhellt (2. Position) und einen Beobachter, der mich von außen betrachtet, wie ich schlecht drauf bin und die Situation reflektiert und bewertet (3. Position).

Siehe da, das sind ja genau die drei Wahrnehmungspositionen, die NLP seit Jahrzehnten lehrt. NLP lehrt auch, dass Veränderung nur gelingt, wenn man sogenannte Ressourcen in einen nicht so guten Zustand hineingibt, denn: Nur Gefühle verändern Gefühle! Platt ausgedrückt: Ich gebe zu einem schlechten Gefühl ein zur Schlecht-fühl-Motivation passendes saugutes Gefühl dazu und wandle damit das schlechte in ein gutes Gefühl.

Jedoch können die wenigsten Menschen sich selbst durch so einen Veränderungsprozess führen, sie brauchen eine prozessuale Anleitung. Hierfür gibt es Coaches. Klingt erst mal logisch und einfach.

Varianten der Ressourcenübertragung

Im NLP-Sprachgebrauch wird ein Gefühl, welches zur Verbesserung einer Problemsituation genutzt werden soll, als Ressource bezeichnet. Ich möchte nun auf drei Varianten des Gefühls- oder Ressourcenübertrages kurz eingehen.

Mit diesen Varianten leite ich als Executive Coach meine Klienten an, damit sich bei diesen etwas verändert und „verstehen“ eintritt. Voraussetzung ist, dass der Klient eine Ressource bestimmt hat, von der er glaubt, dass diese den nicht so guten Zustand verbessern kann. Diese Ressource kann bsplsw. eine Charaktereigenschaft sein, die in der Lage ist, hilfreiche Fähigkeiten zu aktivieren.

Variante 1 – Energie und Symbol als Geschenk

Diese Variante habe ich im Rahmen meiner NLP-Ausbildung bei Adrian Schweizer gelernt. In dieser Variante assoziiert der Klient  sich zunächst in seinen Problemzustand und fühlt, was er fühlt, wenn er im Problem ist. Hier prüft er, ob die gewählte Ressource hilfreich sein könnte. Dann wechselt er auf eine Beobachterposition, wo er von außen auf sein Problem-ICH schaut, denkt über das im Problem-Ich erlebte nach, und reflektiert ob die gewählte Ressource hilfreich sein könnte. Wenn sowohl das Problem-ICH, als auch das Beobachter-ICH der Meinung ist, das die Ressource passt, dann überlegt der Klient, welcher Mensch diese Ressourceneigenschaft hat. Das kann er selbst in einer anderen Lebenssituation oder ein anderer Mensch sein. Hier spielt es keine Rolle, ob er die gewählte Person persönlich kennt. Wichtig ist, dass er der Person die gewünschte Eigenschaft zubilligt. Es kann also eine bekannte Person (z. B. die Freundin), ein Schauspieler (z. B. John Wayne),  eine historische Persönlichkeit (z. B. Nelson Mandela) oder eine Phantasiefigur (z. B. Superman) sein.

Nun wird ein weiterer Ort im Raum bestimmt, der für die Ressource steht. Da stellt man sich die gewählte Person vor und geht auf diesen Ort im Raum und schlüpft nun sozusagen in diese Person hinein und geht in den Zustand der benötigten Charaktereigenschaft / Fähigkeit und dem damit verbunden Gefühl. Dieses Gefühl ist das, was wir brauchen. Nun wird ein Symbol definiert, welches das Gefühl repräsentiert und eine Farbe, die für dieses Gefühl steht. Die Farbe sendet der Klient nun als Lichtstrahl rüber zum Problem-Ich, während er das Symbol in seiner Vorstellung in beide Hände nimmt. Während das farbige Licht bereits das Gefühl überträgt, bewegt sich nun der Klient zum Problem-Ich, tritt direkt davor und überreicht das  Symbol dem Problem-Ich als Geschenk. Dann tritt der Klient auf die Position des Problem-Ich, nimmt das Symbol als Geschenk entgegen, tut das Symbol in seiner Vorstellung in den Körper des Problem-Ich während er wahrnimmt, dass das farbige Licht der Ressource in sein Inneres hinein geht.

Das Problem-Gefühl wird sich nun verändern.

Variante 2 – Die Energiemetapher

Diese Variante habe ich selbst für meinen Bedarf abgeleitet. Sie ist zunächst identisch mit der zuvor beschriebenen Variante. Wenn ich die Ressourcen-Person bestimmt habe, in diese mich auf die Raumposition dieser Person begeben habe und das Gefühl der gewünschten Eigenschaft aufgebaut habe, dann wird die Position des Gefühls im Körper lokalisiert. Das Gefühl wird dann als Energie beschrieben. Diese Energie repräsentiert die gewünschte Charaktereigenschaft / Fähigkeit. Mit der widerstandsfreien Sprache nach Milton Erickson wird der Klient nun angeleitet, die Energie durch den Körper strömen zu lassen, bis am Ende sämtliche Körperteile von Kopf bis zu den Füßen voll von dieser Energie stecken. Dann kann man den Klienten noch anleiten, dass die Energie aus dem Körper herausströmt und den ganzen Körper wie eine Energiewolke umhüllt. Dann bestimmt man die Farbe dieser Energie und lässt den Klienten einen Energiestrahl dieser Farbe in Richtung des Problem-Ich schicken. Die Energie strömt zum Problem-Ich, dringt ein, durchdringt das Problem-Ich und füllt es komplett aus. Während die Energie weiter strömt, darf der Klient nun aus der Ressourcenposition heraus mit dem Energiestrahl in das Problem-Ich hineingehen und die Veränderung erleben.

Variante 3 – Das metaphorische Dekorieren

Diese Variante habe ich bei Gunther Schmidt, dem Entwickler des hypnosystemischen Ansatzes und Leiter des Milton-Erickson-Instituts in Heidelberg, gelernt. Hier brauche ich nur das Problem-Ich und die Beobachter-Position. Aus der Beobachter-Position heraus bestimmt der Klient, welche Eigenschaft / Fähigkeit das Problem-Teil braucht. Dann darf der Klient sich eine metaphorische Gestalt ausdenken, die diese Eigenschaft / Fähigkeit repräsentiert. Nun soll er sich beliebig viele dieser metaphorischen Gestalten (Objekte) vorstellen und damit das Problem-Ich beliebig dekorieren. Mit den dekorierten Elementen wird sich aus der Beobachterperspektive heraus bereits die Einstellung zum Problem-Ich ändern. Dann in das Problem-Ich wechseln und herausfinden lassen, was sich verändert hat.

Es gibt natürlich weitere Varianten des Übertragens von Ressourcen. Ein im inneren eines Menschen vorhandenes Gefühl wird mit einem Kontext (eine Mainifestation im Mental Space) verbunden, in dem dieses Gefühl nicht adressierbar ist. Hierzu werden immer Metaphoriken genutzt.

Epilog

Es geht darum – mit welcher Variante auch immer – ausreichend viele Ressourcen in den Problemzustand zu übertragen, bis das Gefühl dort in Ordnung ist. Das Grundprinzip ist immer das Gleiche das schlechte Gefühl (K–) wird mit zur Motivation passenden guten Gefühlen (K++) angereichert, bis aus dem schlechten Gefühl ein gutes Gefühl wird (K+).

Gefühle mit Gefühlen Verändern

Grafische Darstellung: Wenn man ein schlechtes Gefühl mit einem passenden sehr guten Gefühl verschmilzt. wird daraus ein gutes Gefühl

Da ich mit meiner Frau auch am trüben Novembertag etwas Schönes erleben möchte und meine Miesepeter-Laune das verhindert, ziehe ich mich mal eben zurück und werde mit den oben beschriebenen Varianten mal meine Laune verbessern. Danach werde ich mit Ihr was Schönes machen.

Wie gut, dass ich meine Wirklichkeit selbst gestalte! Das trüber Wetter kratzt mich nicht mehr, der Frühling wird sich in seiner Pracht entfalten…